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Mendelssohn ELIAS 2018

1) Kritik

„Elias“-Oratorium in der Apostelkirche

Dramatischer Glaubenskampf

Münster - Das Alte Testament gehört zu jenen Abenteuerbüchern, die zielsicher auf drastische Szenen zusteuern, viele Figuren schwanken zwischen ohnmächtigem Seelenleben und Selbstentfremdung. Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium „Elias“ behandelt die Frühgeschichte der ungläubigen Israeliten. Das Werk – das eine gewisse viktorianische Mustergültigkeit ausspielt – spart nicht mit felsenfesten Glaubenssätzen des Titelhelden, der gegen Glaubenskonkurrenten als hartgesottener Vollstrecker posiert: „Greift die Propheten Baals, (…) führt sie an den Bach und schlachtet sie daselbst!“ heißt es in der Episode um den abtrünnigen König Ahab. Dennoch klingt das Wirken des Propheten Elias‘ in Mendelssohns Oratoriumstableau wie von ba­rockisierender Mythologie in Schach gehalten. Das „Orchester con variazione“ und die Kantorei an der Apostelkirche unter Klaus Vetter boten eine dramatische Interpretation ohne pauschale Attitüde.   Von Günter Moseler

Sonntag, 14.10.2018, 18:08 Uhr
  

Elias’ düstere Andeutung einer Naturkatastrophe – „Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen“ – intonierte Thomas Laske von der Kanzel aus mit heldenhafter Bass-Autorität. Die folgende (!) Ouvertüre suggeriert mit trockener Kontrapunktik das Schreckenspanorama der Dürre, dessen pulsierende Motorik das Orchester mit Verve und Alarmsignalen seitens der Blechbläser befeuerte. Die tumultuösen Verzweiflungstiraden des Volkes – „Hilf Herr! Willst du uns den gar vertilgen?“ – sang der Chor mit Vehemenz, als würden Bedürftigkeit des Menschen und sein Bedarf an Glauben zugleich angesprochen. Flexibel in der Differenzierung zwischen neutralem Kommentar und dem ra(s)tlosen und glaubenssüchtigen Volk sang der Chor mit Engelszungen ebenso wie mit geiferndem Eifer. Kontrollierte Herzenstöne fand Youn-Seong Shim (Tenor) für die Arie „So ihr mich von ganzem Herzen suchet“, die einen Tonfall anschlägt, der ein beinahe schwärmerisches Glaubensideal artikuliert. Die Zweifel sind im „Elias“ musikalisch als Schwäche gedeutet, bis hin zur kraftlosen Intervention der Baal-Priester, deren jämmerlichen Zorn der Dirigent unüberhörbar parteiisch ins Bild setzte. Fürs im Detail Schwelgerische bewies Vetter eine glückliche Hand, gerade Mendelssohns Vorhalttechnik verströmte narkotische Süße. Heike Hallaschka (Sopran) und Judith Gennrich (Alt) gestalteten souverän die solistischen Rollen und harmonierten ideal im Duett. Herzlicher Beifall.

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