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Bach: Matthäus-Passion 2019
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Letzte Matthäuspassion mit Kantor Klaus Vetter in der Apostelkirche

Leidensgeschichte tief ausgelotet

Münster - Im Chorraum der Apostelkirche hängt ein riesiges Kreuz des Bildhauers Heinrich Gerhard Bücker. Mit der Darstellung des gekreuzigten Jesus, der das Leid überwunden hat, dessen Gesicht Ruhe, ja vielleicht sogar Gelassenheit ausstrahlt. Ganz ähnlich ist es mit dem in Klang gesetzten Jesus, wie Johann Sebastian Bach ihn in seiner Matthäus-Passion zeichnet: Trotz seiner existenziellen Erfahrung von Verrat, Angst und Folter ist Jesus sich am Ende gewiss, dass sein Tod nicht sinnlos ist, mögen die Feinde noch so spotten.


Zum sechsten und letzen Mal führte Kantor Klaus Vetter mit „seiner“ Kantorei in der Apostelkirche die Matthäuspassion auf. Der Kinderchor des Paulinums kam ergänzend hinzu. Als instrumentaler Partner wirkte das Barockorchester „Le Chardon“ mit. Foto: Christoph Schulte im Walde

Und das tun diese ja auch durchaus sehr dramatisch – Augenblicke, in denen die Kantorei der Apostelkirche am Wochenende mit markerschütternden Salven auftrumpfte: „Lass ihn kreuzigen!“ oder „Barrabam!“ Gleichwohl entschied sich Klaus Vetter für eine Lesart der Bach-Passion, die nicht das Opernhafte der Szenerie betonte, das äußerlich Dramatische. Vielmehr lag ihm daran, den tiefen Sinn der Leidensgeschichte für jeden einzelnen Menschen von heute spürbar zu machen. Ganz prominent durch die Choräle, die mal als unzweideutiger Appell daherkamen („Ich bin’s, ich sollte büßen“), dann wieder ganz zart und vertrauensvoll („Befiehl du deine Wege … des, der den Himmel lenkt“). Wie ein geflüstertes Geheimnis dann die Einsicht „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen“ – ein kurzer, aber unglaublich elektrisierender Moment vor dem Ende der Passion. Es war das sechste Mal, das Klaus Vetter mit „seiner“ Kantorei Bachs Matthäus-Passion erarbeitet und aufgeführt hat. Von Routine aber keine Spur. Wie auch! Jede Aufführung bedarf ihrer je eigenen Dramaturgie. Vetters Konzept, die Tiefe des dichterischen Wortes in Verbindung mit der Musik auszuloten, folgten auch die fünf Vokalsolisten, wobei Nils Giebelhausen als Evangelist naturgemäß am meisten gefordert war. Er hat sich längst als idealer Tenor für diese Rolle etabliert und war es auch diesmal. Richard Logiewa, erst tags zuvor für den erkrankten Harald Martini eingesprungen, realisierte mit seinen Jesus-Worten (darunter ganz wunderbar sein „Trinket alle daraus“) die eingangs beschriebene Ruhe und Gelassenheit. Seinem Bass-Kollegen Markus Flaig oblagen die von ihm schön und plastisch gestalteten Arien. Musikalisch und auch theologisch im Mittelpunkt standen Johanna Rademachers balsamisch gesungene Reflexionen „Buß und Reu“ und selbstverständlich „Erbarme dich, mein Gott“ – zweifellos eines jener Stücke Musik, die man auf die einsame Insel mitzunehmen hat. Genau so wie die Sopran-Arie „Aus Liebe will mein Heiland sterben“. Man kann diese paar Minuten, die nicht mehr als aus einer Handvoll Tönen bestehen, tausendmal hören – sie ergreifen einen immer wieder. So auch in der Version von Fanie Antonelou, deren makellos geführter Sopran sich auch bestens mischte im Duett mit Johanna Rademacher („So ist mein Jesus nun gefangen“).

Nicht unwichtig: der Kinderchor des Gymnasiums Paulinum, von Margarete Sandhäger vorbildlich einstudiert und die Kantorei prächtig ergänzend.

Auf das Barockorchester „Le Chardon“ hat Klaus Vetter in der Vergangenheit schon öfter als instrumentalen Partner gesetzt. Prinzipiell eine gute Wahl, weil es dem Konzept einer „historisch informierten“ Aufführungspraxis folgt, die hier intendiert war. Dass es an einigen wenigen Stellen Ungenauigkeiten in der Intonation, auch der exakten Tempoauffassung gab, fällt nicht schwer ins Gewicht.

Am Ende dann Stille während des Läutens der Sterbeglocke – dann überschwänglicher Applaus. Der galt ganz besonders Klaus Vetter und dem, was er in den 32 Jahren seiner Amtszeit „gestemmt“ hat.


2) "Unsere Kirche"

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3) Mails
Lieber Klaus,
Danke für diese wundervolle Aufführung gestern abend. Es war ein gewaltiges Klangerlebnis. Ich stehe noch ganz unter diesem tiefen Eindruck. So habe ich die Matthäus Passion noch nie erlebt.

Es stimmte einfach alles. Und alle, die Chorsänger/innen, die Instrumentalisten, die hervorragenden Solisten, die Zuhörer, alle waren so intensiv in diese dramatische Inszenierung eingebunden, und keiner konnte "draußen" bleiben. Die Stille nach dem letzten Akkord und der Klang des Glöckchens hatte eine eigene Tiefenwirkung und sollte helfen, das tiefe Erleben mit nach Hause zu tragen. Das war ja immer Dein Anliegen. Kein Applaus. Aber diesmal war er nicht zu vermeiden. Es ging nicht anders. Das musste raus. Ich hab auch kräftig applaudiert. Das war wie eine Explosion. Und das hast Du wirklich verdient.
Ich habe ja
einmal vor 17 Jahren die Matthäus Passion in Deinerm Chor mitgesungen und war damals schon sehr beeindruckt. Aber in all den Jahren hat Deine musikalische Handschrift und Interpretation den Chor und alle Mitwirkenden noch stärker geprägt und gestaltet. Und dieses Lebenswerk wird bleiben und weiter seine Früchte tragen. Ich bin so froh und dankbar, dass ich das gestern miterleben konnte. Einfach wunderbar.            Gerhard Zimmermann

...Sehr berührend fand ich den so engen Kontakt zwischen Dir und "Deiner" Kantorei jeden Moment zu spüren, in der intensiven Gestaltung der Choräle ebenso wie in den Turba-Chören. Deine Choristen haben wirklich alles gegeben, um Dir eine solch grandiose Abschiedsaufführung zu ermöglichen. Ich ahne, wie emotional am Abend Eure Abschiedsfeier gewesen sein mag. Vermutlich ist die Kantorei wirklich so etwas wie Deine Familie, die Dir sicherlich in Zukunft fehlen wird und gewiss auch umgekehrt....                                                                                 KMD Martin Ufermann

...Dank aber vor allem für die Jahre, in denen Sie mit "Ihrer" Musik unser Leben beglückt und bereichert haben! Der absolute und würdige Abschluß Ihrer Tätigkeit mit der Aufführung der Matthäus-Passion war Höhepunkt und Vollendung Ihrer Karriere. Wunderbar fand ich die vollständige Ausgeglichenheit der Stimmen im Chor, natürlich auch die Dramatik, die einem Schauer über den Rücken jagte. Herrlich auch der Klang des Orchesters - und vieles mehr.. Chr.T.

 4) Bilder

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