Der Messias - Dezember 2007
Die Münstersche Zeitung schrieb:

Messias mit Applaus verwöhnt


Foto: R. Schulte

Stefan Jahnke am 3.12.2007 

MÜNSTER Immer wenn sich Klaus Vetter in Münsters Apostelkirche an einem Oratorium oder anderen großen Chorwerken versucht hat, war das Publikum restlos begeistert. So war es auch vergangenes Wochenende, als der musikalische Leiter über zwei Stunden Händels Messias auf der kleinen Bühne stemmte. 

Trotz kleiner Besetzung, bei der die Solisten Heidrun Luchterhandt (Sopran), Yvi Jänicke (Alt), Kristian Sörensen (Tenor) und Wolfgang Newerla (Bass) von Kantorei und Kammerorchester der Apostelkirche begleitet wurden, besaßen die Musiker genug Substanz, um der Aufgabe konditionell gerecht zu werden.

Tröstlich

Zwar interpretierte Vetter die meisten Partien eher unaufgeregt fließend. Genau dadurch kamen aber die wenigen für Händel typischen Höhepunkte, bei denen der Komponist einzelne Textpassagen exponiert zur Schau stellt, gut zur Geltung. Der tröstende Aspekt der gesungenen Botschaft trat wie gewollt in den Vordergrund. So wog die Musik zwischen entflammendem Eifer und sanfter Verkündigung im fröhlichen Adventsgewand hin und her, und das tat richtig gut.

„Fro-o-o-oh-locke“

Die vielen Arien der drei Teile setzten weitere Highlights. Der Koloratursopran von Heidrun Luchterhandt war in erfrischender Klarheit kaum zu überbieten, und ein so jubilierendes „fro-o-o-oh-locke“ wie in Nr. 16 hört man selten. Aber auch die Kollegen hatten fesselnde Momente. Nicht zuletzt bot die von einer herrlich triumphierenden Trompete unterstützte Arie „Die Tromba erschallt“ von Bassist Newerla eine grandiose letzte Steigerung vor dem finalen Amenruf. Danach kam nur noch der Teil, den Vetter gewohnt sein dürfte. Und je länger der Applaus dauerte, desto mehr Projekte für die Zukunft sind ihm sicherlich eingefallen. Wir freuen uns drauf.
 

Die „Westfälischen Nachrichten“ berichteten:

Schlichte Bekenntnismusik

Münster. Wenn Händel mit Pauken und Trompeten zum „Halleluja“ ruft, kann auch Klaus Vetter nicht mehr anders. Dann entfacht der sonst mit Pomp und Gloria eher sparsame Apostel-Kantor jenes orgiastische Jubelfeuerwerk, das sein Publikum von diesem Hit erwartet. Vorbei ist alle Askese! Hier wird der Herr in immer höheren Tönen gelobt! Der Chorsopran treibt es auf die festliche Spitze, angefeuert von einem geradezu entfesselten Kammerorchester, das imposant beweist, dass es auch mehr kann als Kammermusik. Zwischenapplaus!


Foto: R. Schulte

Dass dieser festlichste aller Freudenrufe dabei trotzdem rhythmisch wunderbar federte, jede Stimme pointiert und klar verständlich war, zeichnet diesen „Messias“ aus. Denn gerade diese kammermusikalische, im besten Sinne unspektakuläre, von allem hohlen Pathos entschlackte Lesart war es, die Vetters „Messias“ in der Apostelkirche so ehrlich machte. Mit einer drahtig singenden Kantorei und dem agilen Klang des kircheneigenen Kammerorchesters im Rücken zelebrierte Vetter das nur leicht gekürzte Triptychon aus Verheißung, Passion und Apotheose als schlichte Bekenntnismusik. Und die Frage, ob denn der heilsgewisse „Messias“ des selbstbewussten Weltbürgers an die moll-durchtränkten und kreatursündigen Passionen des Leipziger Thomaskantors heranreiche, stellte sich gar nicht erst. „Dort liegt die Wahrheit!“, schien Vetters luzid aufspielendes Ensemble mit jedem Takt Beethoven zu zitieren. Recht haben sie!

Mit einem Solistenquartett aus echten Sängerdarstellern, das beeindruckend daran erinnert, dass Händel vor allem Opernkomponist war und es hier mit Herz- und Bühnenblut zur Sache geht, verlebendigt Vetter die höchst plastischen und kontrastreichen biblischen Texte ohne Allüren. Und selbst der gelegentlich recht missgestimmte Streicherklang, der noch die Hirten-Idylle der „Pifa“ störte, ist vergessen, wenn Heidrun Luchterhandt (Sopran) und Yvi Jänicke (Alt) mit tröstlicher Emphase leichtfüßig die Herde weiden. Der sich vom prophetischen Trostbringer zur heidnischen Raserei aufschwingende Wolfgang Newerla (Bass) mausert sich wie Kristian Sörensen (Tenor) als furioser Ausdruckskünstler, der viel wagt und noch mehr gewinnt. Da erfährt selbst dieses allzu malträtierte Werk eine Frischzellenkur, die gut tut. Danke!

VON MARKUS KÜPER, MÜNSTER
 


Foto: (R. Schulte & J. Dummann, Entwurf: S. Barenhoff